Rund­erlass zur Bekämp­fung des Bett­ler- und Landstreicherunwesens

Aus die­sem Doku­ment von 1933 geht her­vor, dass man offen­bar bemüht war, “nutz­lo­ses” d.h. “erwerbs­lo­ses” Wan­dern von einer “red­li­chen” Form des Umher­zie­hens zu unter­schei­den. Letz­te­res wäre nicht als eine Form von “Arbeits­scheue” zu wer­ten. So wird aus­drück­lich erwähnt, dass gewisse Schick­sals­schläge oder per­sön­li­che Umstände einen Men­schen zur Wan­der­schaft zwin­gen konn­ten – solange man dabei aber den Wunsch ver­folgte, “ordent­li­che” Arbeit zu fin­den, konnte man nicht als “Bett­ler- bzw. Landstreicher:in” gel­ten – und galt somit, aus Sicht des Geset­zes, auch nicht als “Bedro­hung”.
Damit nahm das Doku­ment indi­rekt zum Teil wohl auch Jeni­sche in Schutz, denn viele Fami­lien tru­gen oft einen sog. “Hau­sier­pass” bei sich, der sie als Han­dels­trei­bende auswies.

Im Gro­ßen und Gan­zen spie­gelt der Rund­erlass jedoch sehr schön die Geis­tes­hal­tung der sess­haf­ten Welt wider: Sie ent­schied nicht nur dar­über, wel­che Form der Arbeit denn “gut und recht” sei, son­dern defi­nierte das Arbei­ten und den Wil­len zur Arbeit ganz gene­rell als eine mensch­li­che Qua­li­tät ers­ter Güte (und tut das in gewis­ser Weise noch immer). Dem­nach konn­ten (und kön­nen) Men­schen, die die­ser Moral schein­bar nicht ent­spra­chen oder ent­spre­chen woll­ten, auch keine guten Men­schen sein.
So blie­ben selbst arbeit­same Fah­rende der Will­kür der Jus­tiz aus­ge­lie­fert, denn die Bewer­tung der wan­dern­den Per­so­nen und deren Absich­ten oblag dem jewei­li­gen Beam­ten, der sie auf­griff – und somit auch des­sen Empa­thie oder Vor­ur­tei­len. Sicher­lich gab es auch Fami­lien bzw. Per­so­nen, denen der Wille zur Arbeit “nicht attes­tiert wer­den konnte” und es stellt sich ohne­hin die Frage, ob eine Per­son, die z.B. bet­telnd umher­zieht, nicht eigent­lich auch eine Art von Arbeits­wil­len beweist.

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